AXEL F. - DER HEXER VON BONN

( D / Sp, 1988 - 1989 )

Worum geht es ?

Der junge Bonner Medizin - Student Axel F.  (seinen Nachnamen erfuhr man nie!) trägt ein schreckliches Geheimnis in sich, von dem er nur Bruchstücke ahnt. Nach einer freudlosen Jugend hat er alle Brücken abgebrochen. Seine Eltern kamen bei einem Flugzeugabsturz um, worin sein Onkel seine Hände im Spiel hatte. Als er 18 wurde erfährt er sein Schicksal - er ist ein Hexer. Seither hat Axel damit zu tun, sein Schicksal in die Hand zu nehmen und die Welt vor finsteren Mächten und seinem Onkel zu beschützen…

 

Tag und Ort seiner Geburt prägten bereits sein Schicksal. Axel kam am 30.04.1963 im Melbtal, zwischen Kreuz und Venusberg gelegen,  zur Welt.. In einer alten Villa, die man zur Jahrhundertwende noch scheu und ängstlich "Das Hexenhaus" nannte...in der Stunde des Tageswechsels in der Walpurgisnacht, der Nacht, in der die Hexen feiern. Und Axel F. weiß nichtm das in seinen Adern das Blut der Hexen fliesst. Ein Erbe, das ihn bald in einen Strudel des Verderbend zu ziehen droht...

Die Reihe startete einst in der BASTEI-.Comic-Serie "Gespenster Geschichten", ehe sie wegen des großen Erfolgs bei BASTEI ihre eigene Serie bekam. 16 Hefte wurden von 1988 - 1989 herausgebracht. Im Laufe der Reihe war sie auch unter dem Titel: "Axel F. - Ein Mann gegen Geister und Dämonen" (Nr. 14) und "Axel F. - Ein Mann auf Gespensterjagd" (Nr. 15 & 16)bekannt.


Die Hauptcharaktere:

Axel F.

Nicole Sälzer

Giovanna

Ännchen

Onkel Ludwig


Die Zeichner & Texter:

Peter Mennigen (Creator, Texter)

Fulgenci Caberizo (Zeichner)

Jaime Brocal Remohi (Zeichner)


Wissenswertes:

Seit 1977 schrieb der Schriftsteller und Comicautor Peter Mennigen zunächst deutsche Geschichten für Comicreihen wie „Gespenster Geschichten“, „Spuk Geschichten“, „Conny“, „Biggi“, „Vanessa“, „Felix“, „Lasso“, „Phantom“, „Axel F.“ und zahlreiche weitere Serien des Bastei Verlags..

Die Idee zu „Axel F.“ entstand an einem Freitagabend im Frühjahr 1988. Nachmittags hatte ich mich mit den Redakteuren der Jugendredaktion des Bastei Verlages über verschiedene Comic-Serien ausgetauscht, die ich seinerzeit schrieb. Abends lud mich der Chefredakteur Werner Geismar nach Köln in ein italienisches Restaurant ein. Während des Essens sprachen wir natürlich auch über Comics.

Damals befand sich das Comic Programm der Bastei Jugendredaktion im Umbruch. Serien, die über ein bis zwei Jahrzehnte für den Erfolg gestanden und es zu einigen hundert Ausgaben gebracht hatten, erwiesen sich als nicht mehr zeitgemäß. Einstige Zugpferde wie „Bessy“, „Lasso“ oder „Silberpfeil“ waren aufgrund rückläufiger Auflagenzahlen bereits eingestellt oder ihr Ende war absehbar.
Es war an der Zeit eine neue Richtung einzuschlagen. Weg von den biederen Geschichten über brave Cowboys und Indianer hin zu Storys, die inhaltlich das alte „Bastei“-Schema durchbrachen. Neue Käuferschichten generieren mit – für Bastei-Verhältnisse – ausgereifteren Comic-Geschichten. Storys mit Inhalten für Jugendliche, die den üblichen Bastei Comics entwuchsen. Dreizehn- bis Sechszehnjährige, die sich mehr und mehr für Musik und Mädchen interessierten.

Auf Grundlage dieser Überlegung ließen Werner Geismar und ich an jenem Abend unserer Kreativität freien Lauf. Aus dem Stegreif entwickelten wir einen Comic mit paranormalem Hintergrund, der im Hier und Heute in einem urbanen Umfeld spielte. Mit facettenreichen Protagonisten, ein bisschen Sex und real existierenden Handlungsorten, die der Leser bei Belieben aufsuchen konnte. Nach und nach konkretisierten wir das thematische Umfeld der Serie, arbeiteten Charaktere aus und sponnen Handlungsstränge über Verschwörungen dunkler Mächte.

Als Titel für die neue Serie schlug Werner Geismar „Axel F.“ vor, nach dem damals gerade populären und megaerfolgreichen Soundtrack des Films „Beverly Hills Cop“ von Harold Faltermayer. Handlungsort sollte zunächst Köln sein. Ich bevorzugte allerdings Bonn. Zum einen lag Bonn mit ca. 20 Kilometern viel näher an meinem Wohnort als Köln mit etwa 60 Kilometern. Zum anderen kannte ich mich in Bonn viel besser aus. Was insofern wichtig war, weil die Zeichner mit meinen Skripten auch Fotos von den Handlungsorten der jeweiligen Geschichte bekommen sollten. Es wurde ein langer Abend, an dessen Ende das grobe Konzept von „Axel F.“ stand. 

 

Auf dessen Basis arbeitete ich übers Wochenende zunächst die einzelnen Charaktere aus. Protagonist war der Student Axel F., der in einer Dachgeschosswohnung in der Bonner Innenstadt wohnte. Sein soziales Umfeld bestand aus einem überkorrekten Kommilitonen, seiner Hausmeisterin und seiner hinreißenden Freundin Nicole. Nicht nur, dass Axel F. in einer Walpurgisnacht zur Welt kam, in seinen Adern floss auch das Blut einer Hexe. Diese ominöse Vorfahrin fungierte ab und an als Menetekel aus dem Jenseits, indem sie ihrem Nachfahren als Geist erschien und vor möglichen Gefahren warnte. Als kleine Reminiszenz an den „Geburtsort“ der Serie bekam auch Giovana, die attraktive Besitzerin des italienischen Restaurants in Köln, eine feste Rolle als Verbündete des Helden.

Nachdem der Cast feststand, schrieb ich den Plot für die Pilot-Geschichte und schickte alles montags zum Verlag. Werner Geismar ergänzte das Ensemble noch um einen Onkel Ludwig und dessen Haushälterin Ännchen als Axels Widersacher, denen er regelmäßig ihre sinisteren Pläne durchkreuzen konnte. Axels netter Kommilitone wurde zu Freddy, einem windigen Typen aus Bonns schillernder Halbwelt. Nachdem ich das Exposé und – nach positivem Feedback – das Skript geschrieben hatte, machte ich in Bonn zahlreiche Fotos von den Handlungsorten für die Zeichner:

FULGENCI CABRERIZO, von ihm stammen die meisten „Axel F.“-Geschichten. Im Lauf seiner Karriere setzte er neben „Tarzan“ und „Korak“ auch zahlreiche meiner Skripte für „Gespenster Geschichten“ und „Arsat der Magier von Venedig“ zeichnerisch um.

 

JAIME BROCAL REMOHI
Außer „Axel F.“ zeichnete der 1936 in Valencia geborene Spanier etliche meiner „Gespenster Geschichten“ Szenarios. International bekannt wurde er durch seine Serien „Kronan“ und „Tarzan“. Dazu kamen Arbeiten für die amerikanischen Magazine „Heavy Metal“, „Eerie“ und „Creepy“. Am 29. Juni 2002 verstarb Jaime Brocal Remohí in Valencia, Spanien.

„Axel F.“ fiel nicht allein wegen seines Inhalts aus dem üblichen „Bastei-Rahmen“. Auch das Überformat mit den grandios gemalten Covern trug seinen Anteil bei. Die Titelbilder stammten von Ugurcan Yüce, der auch viele Umschlag-Illustrationen für die „Geister Geschichten“ und „Manos der Dämonenjäger“ anfertigte.

 

UGURCAN YÜCE wurde 1947 in Istanbul geboren und lebte ab 1980 in Deutschland. Er verstarb im Februar 2015 in Stuttgart.

Der „Axel F.“-Comic hatte 24 Seiten Umfang. Hinzu kamen auf 20 bis 21 Seiten mehrere inhaltlich ziemlich abgefahrene Science Fiction/Horror Comics vom englischen Verlag „Fleetway“. Heft #1 kam im Juni 1988 auf den Markt. Die Verkaufszahlen gingen zwar nicht durch die Decke, waren aber gut. Die VK-Auflage von Heft #2 blieb auf diesem Niveau. Den Lesern von Heft 1 gefiel also die Serie. Auch bei den folgenden Ausgaben waren die Verkaufszahlen stabil, die Serie hatte sich etabliert. Eigentlich ein Grund zur Zufriedenheit. Zu dem Zeitpunkt ahnte ich noch nichts von den dunklen Wolken, die sich über „Axel F.“ zusammenbrauten. Und zwar aus einer Richtung, die keiner erwartet hatte.

 

Mitte Juli 1989 rief mich Werner Geismar an und machte mit mir einen Termin im Verlag aus. Zumeist ging es bei solchen Meetings um eine neue Serie, die ich schreiben sollte. Also fuhr ich relativ entspannt nach Bergisch Gladbach, ohne die geringste Ahnung, was mich dort erwarten könnte. Erst im Büro des Chefredakteurs erfuhr ich, dass uns der Verleger Gustav Lübbe höchstpersönlich sprechen wollte. Für nähere Erklärungen blieb keine Zeit, da wir etwas spät dran waren. Der für „Axel F.“ zuständige Redakteur Ewald Fehlau begleitete Werner Geismar und mich zum hinteren Trakt im Erdgeschoss des Verlagshauses, wo sich die feudalen Arbeitsräume des Verlegers befanden.

 

Der Patriarch des von ihm 1953 in einer Garage gegründeten Verlagsimperiums empfing mich überaus höflich. Offenbar hatte er sich über meine Arbeit als Autor für seinen Verlag kundig gemacht und fand einige lobende Worte dafür. Anschließend bot er uns Erfrischungen und Plätze auf einer pompösen Ledergarnitur an. Auf dem Tisch davor lagen mehrere „Axel F.“-Hefte ausgebreitet. Gustav Lübbe setzte sich nicht. Er stand auf der anderen Tischseite, ergriff nach etwas Smalltalk das erste „Axel F.“-Heft, schlug es auf und ging es Seite für Seite durch.

 

Wobei recht schnell deutlich wurde, dass ihm daran alles missfiel, was den Comic außergewöhnlich machte: Die relativ komplexe Story, die Art der Darstellung diverser Szenen mit Gewalt und vor allem gewisse Freizügigkeiten in Form von ebenso kurvenreichen wie spärlich bis gar nicht bekleideten Damen, die es in solcher Textilarmut bislang noch in keinem Bastei Comic gegeben hatte. Ein weiterer Kritikpunkt, dem er viel Zeit widmete, war die Sprache. Das waren nicht die üblichen 1-Satz-pro-Sprechblase-Sprüche von Bastei. Jede Figur bei „Axel F.“ besaß eine individuelle Ausdrucksweise. Vor allem die in eine spezielle Jugendsprache verfremdete Diktion einer Nichte der Hausmeisterin kam bei dem Verleger nicht gut an. Für ihn war das ein unverständliches Kauderwelsch, das doch kein Leser verstehen könne.
Akribisch blätterte er jedes einzelne Heft durch und wurde nicht müde die Texte des Mädchens laut vorzulesen:
„Echt beknackte Chose. Entweder läuft hier bald ’ne wahnsinnsdicke Story, oder die Kiste ist für mich gelaufen.“
„He Alter, schaukel mal ’ne Kippe rüber.“
„Da staunste, was? Unsere Dekoration gibt dem Bunker ’nen echt heavy Touch! Ist was anderes als Tantchens „Gelsenkirchener Barock“.
„Ihr seid genauso Schlaffis wie all die anderen, die den ganzen Umweltschrott verbrocken, denen völlig schnuppe ist, wohin wir flippen.“ usw.
Nach jeder Sprechblase guckte er mich verständnislos an. Was sollte das heißen? Er verstand jedenfalls kein Wort.

 

Der Einwand des Chefredakteurs, dass sich das Heft, so wie es war, gut verkaufe und die Kids heutzutage eben so redeten und deshalb die Texte auch verstehen würden, brachte den bislang um Selbstbeherrschung bemühten Verleger von Null mit Hundertachtzig auf die Palme.
Was er sehr laut, sehr dezidiert und in einer nicht ganz druckreifen Wortwahl kundtat. Jedenfalls sollten alle Personen in dem Comic „normal“ reden, so wie die Leute in den „Gespenster Geschichten“ auch und damit basta.

 

Nach diesem emotionalen Ausbruch beruhigte sich Gustav Lübbe aber schnell wieder. Nachdem er sich während unseres Meetings etwas eingehender mit „Axel F.“ auseinandergesetzt hatte, fand er den Comic – abgesehen von seinen geäußerten Kritikpunkten – im Grunde doch gar nicht so übel. Weshalb wir ihn punktuell lediglich „ein wenig ummodeln“ sollten. Damit aus „Axel F.“ so etwas wie „Gespenster Geschichten“ würde.

 

Er schloss das Treffen mit einigen versöhnlichen Worten, die er an mich richtete. Gustav Lübbe schüttelte mir die Hand, legte seine andere Hand auf meine Schulter und meinte beinahe väterlich, ich sei doch in der Lage wunderbare Geschichten zu schreiben, wie man an all den Comics aus der Jugendredaktion sehen könne. Deswegen würde es mir sicherlich kein Problem bereiten die kleinen „Ausrutscher“ in „Axel F.“ wieder auszubügeln.

Damit endete eine denkwürdige, weil in den Verlags-Annalen wohl einmalige Unterredung. Dass der Verleger derart drastisch in die Konzeption einer Serie aus seinem Haus eingriff, hatte es bis dato bei Bastei noch nie gegeben. Ewald Fehlau hatte das Gespräch mit Gustav Lübbe sichtlich mitgenommen. Ohne ein Wort zu sagen verschwand er in sein Arbeitszimmer. Ich begleitete Werner Geismar in dessen Büro. Da saßen wir uns einige Minuten lang schweigend am Schreibtisch gegenüber und ließen das Ganze erst mal sacken. Dann sah er mich an und fragte: „Und? Was machen wir jetzt mit dem Heft?“

 

Wäre „Axel F.“ eine normale Auftragsarbeit gewesen, so wie all die anderen Bastei-Comics, hätte ich die vom Verleger gewünschten Änderungen auf der Stelle und ohne Murren umgesetzt. Doch die Serie war unser beider „Kind“. Der einzige Grund weshalb wir „Axel F.“ überhaupt gemacht hatten war, das eingefahrene „Gespenster Geschichten“-Schema zu durchbrechen. Und jetzt sollten wir alle innovativen Komponenten, die den Comic aus der Masse der gängigen Bastei-Comics heraushoben, über Bord werfen? „Axel F.“ inhaltlich in eine Form zwängen, die daraus einen „Gespenster Geschichten“-Abklatsch machte? Sorry, bei allem Respekt, aber dazu hatte ich echt keine Böcke, deshalb antwortete ich: „Einstellen.“ Werner Geismar nickte und sagte: „Dasselbe war auch meine Überlegung.“ Er griff zum Telefon, rief Ewald Fehlau an und setzte ihn von der Entscheidung in Kenntnis. Obwohl Heft #17 schon druckfertig vorlag, wurde die Serie noch am selben Tag gestoppt. Heft #15 war bereits in der Auslieferung und Heft #16 im Druck, so dass die beiden Ausgaben noch im August und September 1989 in den Handel kamen.

Rückblickend gesehen steht „Axel F.“ für einen Umbruch der Bastei Jugendredaktion, der auf Dauer unumgänglich war. Wenn man sich „Axel F.“ heute ansieht, fällt es schwer, nachzuvollziehen, was Gustav Lübbe an dem Comic so aufgebracht haben könnte. Das Provokante, das Außergewöhnliche bei „Axel F.“ hat die Zeit nicht überdauert. So wie vieles andere aus der Popkultur der 1980er. Filme, Mode, Fernsehserien, Musik oder Comics, etliches was seinerzeit cool und avantgardistisch erschien, wirkt aus heutiger Sicht eher lahm, aufgesetzt oder unfreiwillig komisch. Damals, als „Axel F.“ auf den Markt kam, war der Comic Galaxien von dem entfernt, was die Bastei Jugendredaktion bis zu jenem Zeitpunkt herausgebracht hatte. Genau dieses Anderssein wurde der ambitionierten Serie letztendlich zum Verhängnis.

 

Die deutschen Comic - Cover: